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Pressemitteilung

Haushaltsrede von Stadträtin Sonja Haider

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Resilienz – also die Widerstandskraft, die Anpassungsfähigkeit der Stadt wird nun schon seit 2 Coronajahren auf den Prüfstand gestellt.

Sie zu stärken ist in diesen Zeiten der Unsicherheit das Gebot der Stunde – weit über Corona hinaus.

Werden wir die nächsten notwendigen Schritte gehen, die unsere Stadt, unsere Verwaltung, unsere Bürgerinnen und Bürger resilienter – also widerstandsfähiger machen?

Daraufhin habe ich den Haushalt durchgesehen. Und es gibt positive Zeichen:

  • 100 Mio. für den Klimaschutz
  • 8 Mio. Pandemiefolgenfonds
  • 400 Mio. Jahresüberschusslimit, um flexibel zu bleiben.

Und doch sind wir ernüchtert.

Die Stadt läuft immer noch dem Wachstumswahn hinterher. Immer noch werden neue Büros und Arbeitsplätze gebaut – ungeachtet dessen, dass sie immer neuen Bedarf an Wohnraum nach sich ziehen, der nicht gedeckt ist.

Zusätzlich brauchen wir dann neue Schulen und Kindergärten, einen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und Flächen für Kulturelles und Soziales. Das alles kostet horrend viel Geld in unserer dicht bebauten Stadt. Weit mehr als wir über Gewerbesteuer für diese Arbeitsplätze einnehmen und weit mehr als wir finanziell in den nächsten Jahren tragen können.

Deshalb fordern wir ein Moratorium an Arbeitsplätzen und können diesem Haushalt nicht zustimmen.

Und jenseits des Geldes – wir haben auch einfach nicht mehr ausreichend Platz.

Wir klotzen gerade Kleinstädte an den Rand von München. Wir betonieren die letzten Grünflächen.

Weniger Grünflächen in der Stadt führen zu einer Zunahme an Hitzewellen und psychischen sowie körperlichen Krankheiten. Müssen wir erst die gleichen Erfahrungen machen wie viele andere Städte? Eine spätere Wiederherstellung von Frischluftschneisen, Anpflanzung von schattenspendenden Bäumen sowie die Rekultivierung von Arten wäre ein finanzieller Kraftakt.

Im Klimaschutz kommen riesige Aufgaben auf uns zu. Da wir sie erst jetzt Jahrzehnte nach der Erkenntnis angehen, müssen wir sie um so schneller und heftiger umsetzen.

Das gebietet uns nicht nur das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die Freiheitsrechte kommender Generationen mit konkreten und ausreichenden Klimaschutzmaßnahmen zu sichern. Auch der Bund der Steuerzahler fordert eine faire Lastenverteilung zwischen den Generationen und eine Tilgung der pandemiebedingten Schulden.

Unser Ansporn muss sein, die richtigen, effizienten Maßnahmen sofort anzupacken.

Mit der Klimasatzung und dem Grundsatzbeschluss Klima sehen wir auf diesem Feld die ersten und endlich konkreten Handlungen.

Bei der Verkehrswende sind einige erste zögerliche Schritte unternommen. Wir können nur hoffen, dass der ÖPNV wieder hochfährt und Tram und Bus-ausweitungen wirklich einen nennenswerten Effekt haben. Der weitaus billigere Umbau für Rad- und Fußverkehr geht nur schneckentempoartig voran, torpediert von den Interviews unseres Oberbürgermeister, der sich nicht mehr erinnern kann, wie er selbst für die Radentscheide gestimmt hat.

In allen drei Feldern, Klima, Grün und Verkehr kann ich mir nur wünschen, dass entschlossenes und effektives Handeln endlich passiert – jetzt nachdem die Coronakrise hoffentlich dem Ende zugeht.

Zwei weitere Felder möchte ich noch nennen:

Digitalisierung

Dass kommunale Verwaltung nicht gut im Digitalen aufgestellt ist, war auch schon vor Corona klar. Man musste sich nur die Papierberge hier ansehen. Mit digital4finance und NeoHR und all der coronabedingten Schnellausstattung von Schulen, Verwaltung und Gremien sehe ich den Anfang gemacht. Und doch ist der Rest immer noch eine Mammutaufgabe.

Können wir nicht einen Zahn zulegen? Uns Beispiele aus anderen Ländern abschauen und effektiver und schneller werden?

Soziales

Und wieder hat uns diese Pandemie gezeigt, die Ärmsten und Schwächsten unter uns, leiden am meisten. Neben ihren eigenen Programmen sollte die Stadt das ehrenamtliche Engagement besser koordinieren. „Zsammhalten“ zur Stärkung der örtlichen Wirtschaft ist ein guter Ansatz. Weit mehr ist möglich, davon bin ich überzeugt. Z.B. Spendenaufrufe für kulturelle Angebote könnten systematisch erfolgen.

Ja, und unser Krankenhauspersonal? Können wir den Menschen, die sich für Corona-Patienten aufgearbeitet haben, nicht einen bezahlten Sonder-Urlaubsmonat genehmigen. Nicht bezahlbar? Doch sicherlich, denn nicht bezahlbar ist, dass sie ihren Jobs den Rücken kehren.

Genauso wie eine ordentliche Ausstattung des Stadtjugendamts? Streetwork wieder arbeitsfähig machen, Jugendliche zu Gerichtsterminen begleiten und ausreichende Personalausstattung in den städtischen Heimen?

All diese Punkte stärken die Resilienz, die Widerstandskraft dieser Stadt und so möchte ich mit einem (etwas abgewandelten) Zitat von Johann Heinrich Pestalozzi schließen

„Entschlossenheit in der Krise ist immer der halbe Weg zur Rettung.“
 

Sonja Haider

Finanzpolitische Sprecherin der ÖDP/ML Fraktion

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